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Bildung  

C-Trainer-Ausbildung des HTTV in Sossenheim

Vom Harry-Potter-Aufschlag und dem „Goldenen Dreieck“

Mitte Juli fanden schon fast traditionell zwei Kompaktkurse für die Ausbildung zum C-Lizenz-Trainer in Sossenheim statt. In zwei Wochen, jeweils 5 Tage von 9:30 -18.00 Uhr, wurde den angehenden C-Lizenz-Trainern viel praktisches und theoretisches Wissen um das Trainergeschäft im Tischtennis vermittelt. Markus Reiter, A-Lizenz-Trainer und in Personalunion Ressortleiter beim HTTV und Cheftrainer bei der SG Sossenheim, A-Lizenz-Trainer und Ressortleiter Schulsport Johannes Herrmann und Florian Jacobi, A-Lizenz-Trainer und Beisitzer im HTTV-Lehrausschuss, führten in den beiden Wochen durch die Ausbildung. Auf dem Programm stand u.a. die Erarbeitung verschiedener Schlagtechniken im Tischtennis, wie bspw. des Vorhand-Topspins – der meist verwendete Schlag im modernen Tischtennis – oder auch der Rückhand-Schupf. Die unterschiedlichsten Abwehr-, Block-, Topspin-, Konter- Aufschlag- und Rückschlagtechniken wurden behandelt. Wie vielseitig so ein Schlag im Tischtennis sein kann, das erarbeiteten sich die 16 angehenden Trainerinnen und Trainer in Gruppenarbeiten. Auf Plakaten wurde anschließend anschaulich dargestellt, wie der jeweilige Schlag, jeweils unterteilt in Aushol-, Schlag- und Ausschwungphase inklusive sämtlicher an diesem Schlag beteiligter Körperteile, koordiniert werden muss, um den Ball entsprechend optimal im „goldenen Dreieck“ zu treffen. Das ist komplex und gelingt aufgrund der Geschwindigkeit des Balles und der hohen Schlagfrequenz wahrlich nicht immer. Jeder Spieler kann davon ein (Klage)Lied singen.

In der Praxis wurde das so erarbeitete Technikwissen und -verständnis dann im Rahmen von Bewegungsveränderungen an den anderen Teilnehmer/innen erprobt. Das war anfangs sehr anspruchsvoll, allein schon die Analyse der Bewegung in Echtzeit war für die meisten eine große Herausforderung, denn man hat auf die korrekte Fußstellung, die Oberkörper-, Hüft- und Schulterdrehung, die Armhaltung, den Körperschwerpunkt, die Ballrotation, die Schlägerhaltung inklusive Handgelenkseinsatz, die Dynamik der Gesamtbewegung und ihrer Einzelteile sowie der Gewichtsverlagerung zu achten. Puuuh!!! Klingt kompliziert und ist es auch. Es bedarf eines guten Auges und einiger Erfahrung, um die wirksamste Korrektur bei den Bewegungsabläufen anbringen zu können.

Erstes Mittel der Wahl beim Vermitteln von Schlag- und Beinarbeitstechniken ist das Balleimer- oder „Many-Balls“-Training. Die Bälle müssen präzise platziert und qualitativ einwandfrei (= realistisch) dem Spieler zugespielt werden. Wie schwer das mitunter sein kann, merkt man, wenn man es selber einmal probiert hat. Ob nun kurz oder lang ins Vorhandeck oder in die Tischmitte oder in die Rückhandseite, ein TischtennisTISCH – nicht „Platte“, wie der Volksmund gemeinhin sagt – ist größer als man gemeinhin glaubt.  Das verlangt einige Übung und stellt in Perfektion eine Kunst dar, was schon daran zu erkennen ist, dass in China eine Balleimerausbildung über mehr als ein Jahr geht. Die Grundlagen muss aber auch jeder C-Lizenz-Trainer beherrschen, vor allem wenn sein Training auf eine individuelle Leistungsoptimierung ausgelegt sein soll.

Ein essentieller Bestandteil der Ausbildung und des Trainergeschäftes ist eine systematische Trainingsplanung.  Wir angehenden C-Trainer/innen hatten regelmäßig Lehrproben am „lebenden Objekt“ in allen Einzelheiten zu planen und durchzuführen. Die Ausbilder gaben Inhalte und Schwerpunkte für die zu erstellende strukturierten Trainingseinheit für mehrere kleine Gruppen vor. Das Niveau die Sportler/innen erstreckte sich dabei von E-Kaderspielern bis hin zu blutigen Anfänger/innen, von 8 bis 70 Jahre – und ohne diese vorher zu kennen. Wie sieht nun so eine Trainingseinheit mit Einleitung, Hauptteil und Schluss genau aus? Welche Elemente sind essentiell? Was ist beim Zeitmanagement zu beachten? In Trainerteams von 4-5 Personen wurden die Pläne erstellt und umgesetzt. Hier traten vor allem zu Beginn einige Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten auf, die es zu lösen gab. Was tun, wenn eine Trainingseinheit für eine gerade Anzahl an Spielern auslegt ist, dann aber eine ungerade Spielerzahl vorhanden ist? Was, wenn mehr als zwei Spieler/innen pro Tisch erscheinen? Hier gilt es flexibel zu sein, immer einen Plan B oder gar einen Plan C in der Tasche zu haben, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Nach den insgesamt vier 2-stündigen Lehrproben folgte immer eine intensive Nachbearbeitung. Mittels Beamer wurden Fotos vom „Chef“, die er während der Trainingseinheiten geschossen hatte, analysiert. Positives wie verbesserungswürdiges aufgedeckt und diskutiert und Technikbeurteilungen gemeinsam vorgenommen. „Die Sinne geschärft“, nannte er das immer.

Eine Frage in die Runde:

Wer kennt den Harry-Potter-Aufschlagt? Hmmmm….??? Wahrscheinlich keiner, außer er hätte schon einmal einen Trainerlehrgang bei Markus Reiter oder Marco Fehl mitgemacht. Doch was versteckt sich hinter diesem mysteriösen Begriff? Die meisten bringen Harry Potter sicherlich in irgendeiner Art und Weise mit Zauberei und Magie in Verbindung. Und in all den Tischtennisspielern auf der Welt steckt auch ein kleiner Zauberer – zumindest aus der Sicht des unbedarften Beobachters. Glaubt ihr nicht?! Ist aber so. Die Magie des kleinen Balles wird am Eindrucksvollsten beim Aufschlag sichtbar. Wie kann es sein, dass ich einen Ball nach vorne schlage, er aber immer wieder wie von Geisterhand zurück zum Herren kommt? Für Laien unerklärlich. Magisch. Für Tischtennisspieler aber kein Problem. Der Ball braucht nur einen starken Unterschnitt und muss ausreichend kurz gespielt werden. Wenn man den Trick kennt, ist das kein Problem. Diesen Harry-Potter-Zauber-Aufschlag sollten möglichst alle Trainerkandidaten beherrschen, um auch zaubern und Kinder faszinieren zu können – aber mit Links!!! Mit allerlei methodischen und didaktischen Tricks von Markus schafften das auch tatsächlich immerhin 80% der Teilnehmer/innen nach weniger als 45 Minuten. Für die einen Magie, für die anderen eine Frage von „Gewusst wie!“. Einige Teilnehmer/innen konnten anschließend mit der schwächeren Hand mehr Schnitt in den Aufschlag geben als mit ihrer stärkeren Hand! Diese Erkenntnis hatte etwas Magisches. Ein großes „Aha“- und „Juhu“-Erlebnis.

Wie aber zaubert man nun Kids in die Tischtennishalle? Wie entsteht eine gesunde, nachhaltige Vereinsstruktur? Was gehört alles zu einem gesunden Vereinsleben? Wie bekommt man den Alltag mit 20-30 Kids in einer Halle, in der nur 8 Tische hineinpassen, geregelt? All das gehört auch zum Trainergeschäft wie das Vermitteln von Schlagtechniken. Themen rund um die Vereinsarbeit, rund um das Bestreben, nachhaltige wirksame Strukturen im Verein zu schaffen, waren Schwerpunkte im zweiten Teil der Trainerausbildung. In einem interessanten Rollenspiel näherten wir uns dem Thema und durften uns Konzepte zu ausgewählten Themen des Vereinsmanagements erarbeiten, diskutieren, visuell und praktisch darstellen.

Auch das Szenario hinsichtlich der C-Trainer-Abschlussprüfung, die für den einen oder anderen mit dem Balleimereinspielen und  den Technikerklärungen schon eine gewisse Hürde darstellt, wurde trainiert. Jeder sollte am Ende der Ausbildung wissen, wo er steht und wo die eigenen Baustellen liegen, um sich angemessen auf den Abschluss vorbereiten zu können.

Letztlich haben alle eine Vorstellung bekommen, wie umfangreich und facettenreich dieser superschnelle Sport ist und welch umfassende Bewegungsmuster für den perfekten Schlag angewendet werden müssen. Wir als Trainer im Verein haben täglich allen den Spaß und das Erleben der Faszination „Tischtennis“ zu vermitteln, egal ob groß oder klein, ob Anfänger, Fortgeschrittener oder Kaderspieler. Wer Staunen und Faszination im Training verbreiten kann, hat leichtes Spiel, Kinder zu fesseln und an die Sportart und den Verein zu binden – wie durch Magie.

 

Stefan Richter

Pressewart SG Sossenheim

und glücklicher Teilnehmer an dieser schweißtreibenden Ausbildung

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