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Siegertypen in Fulda - Maberzell reißt das Ruder noch herum

Fulda (ro). Großen Tischtennissport und Dramatik pur bekamen 500 Zuschauer am Freitagabend in der Fuldaer Wilmington-Halle geboten: Der gastgebende TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell drehte das fast schon verloren geglaubte Halbfinalhinspiel im ETTU-Cup gegen das französische Team Angers Vaillante Sports noch und verbuchte am Ende ein umjubeltes 3:2. Die Chancen des osthessischen DTTL-Teams mit den beiden Ex-Weltmeistern Waldner und Persson, sich am 8. Februar in Angers ins Cupfinale zu spielen, stehen nicht schlecht.

Fulda (ro). Es war eines jener denkwürdigen Spiele, nach denen derjenige, der eigentlich dabei sein wollte, dann aber doch den Verlockungen der schwiegermütterlichen Schwarzwälderkirschtorte erlegen war, völlig zu Recht in tiefe Depression verfällt. Und es war ein Lehrstück für diejenigen, die immer noch meinen verbreiten zu sollen, der Tischtennissport sei eine rein individuelle Angelegenheit und ausschließlich als Einzelsportart von Interesse. Davon, dass dies ausgemachter Unfug ist, könnte man sich mehrmals im Jahr im Spiroudome zu Charleroi überzeugen. Es reicht bisweilen aber auch, einfach den Navi auf "Washingtonallee 14, 36041 Fulda" zu programmieren. Die 500 Tischtennisfans, die selbiges am 25. Januar taten - sofern sie das Spiellokal des TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell nicht ohnehin mit verbundenen Augen finden -, bereuten es kein bisschen und durchlebten in der Wilmington-Halle 155 Minuten lang die gesamte emotionale Palette von tiefster Betrübnis bis hin zu ausgelassener Freude.
Eine möglichst gute Ausgangsbasis für das Rückspiel in der ersten von zwei Halbfinalbegegnungen um den ETTU-Cup zu schaffen, lautete die Devise für das Waldner-Team, das nur zu gerne diesen internationalen Titel in die Rhön holen würde. Dies gilt umso mehr, als es sich unterdessen abzeichnet, dass weitere Siegespokale der Truppe mit den beiden Ex-Weltmeistern aus Schweden in dieser Saison nicht vergönnt sein dürften - es scheint, als würde Ochsenhausen das Rennen um den begehrten vierten Play-Off-Platz in der DTTL für sich entscheiden können.
Die Aufgabe schien lösbar, hätte da nicht ein schwierig zu spielender Gegner aus dem westfranzösischen Angers am anderen Ende des Tisches gestanden, der zwei gestandene Ex-Bundesligaprofis aufbieten konnte. Und diese beiden Zelluloidkünstler - Torben Wosik und Jens Lundquist - schienen aller Welt beweisen zu wollen, dass sie auch heute noch für jedes aktuelle DTTL-Team eine echte Bereicherung wären. Jedenfalls legten beide los wie die Feuerwehr und brachten ihre Maberzeller Widersacher zunächst schier zur Verzweifung. Zunächst bekam dies Tischtennislegende Jan-Ove Waldner zu spüren, der gegen einen bis in die Haarspitzen motivierten Wosik in fünf umkämpften Sätzen den kürzeren zog. Zweites Opfer war der quirlige Bulgarien-Chinese Feng Zhe, der es mit dem Schweden Lundquist - vormals Leistungsträger in Ochsenhausen und Frickenhausen - zu tun bekam und ebenfalls nach dem fünften Durchgang gratulieren musste. 0:2 in einer derart wichtigen Partie und der Gast mit Oberwasser und reichlich Selbstvertrauen - das roch förmlich nach einer bitteren Heimschlappe für die ambitionierten Hessen. Doch es kam anders, das Team zeigte Moral, bäumte sich auf und drehte das Match tatsächlich noch. Außerdem zeigte es sich, wie wichtig es ist, in brenzligen Situationen auf die ganze Routine der "alten Schweden" bauen zu können. Zunächst nämlich schlug Jörgen Persson den Chinesen mit französischem Pass Yang Min, dann war Jan-Ove Waldner gefordert - und hatte bange Momente zu überstehen, die auch manchen Zuschauer zum nervösen Fingernagelkauen veranlassten: Gegen den an diesem Abend sehr starken Jens Lundquist hatte "Waldi" schließlich das bessere Ende für sich und gewann mit 12:10 im 5. Satz. Nun musste es der nicht unbedingt für seine Nervenstärke bekannte Feng Zhe richten und jeder erwartete gegen Torben Wosik eine echte Zitterpartie. Doch erneut kam alles anders: Feng strafte sämtliche Kritiker Lügen und spielte wie aus einem Guss - einfach extrem dominant. Wosik dagegen verkrampfte mit jedem Punkt des Gegners sichtlich mehr und war dem Druck einfach nicht gewachsen. 11:6, 11:5, 11:4 lautete das eindeutige Ergebnis für den kleinen Mann in Diensten Fuldas, der mitunter ein ganz Großer ist.
Der Rest war Jubel, überschäumende Freude und eitel Sonnenschein. Mit einer solchen Siegermoral sollte es Waldner & Co. möglich sein, in vierzehn Tagen die Finalteilnahme - gleichbedeutend mit dem größten bisherigen Erfolg der Osthessen überhaupt - unter Dach und Fach zu bringen, wenngleich das Rückspiel in Angers sicher alles andere als ein Spaziergang zu werden verspricht.
Rundum begeistert war natürlich auch Fuldas Manager Stefan Frauenholz: "Dieses Halbfinale im Europapokal ist schon ein Highlight in der Vereinsgeschichte, und ein solches Spiel wie gestern, dass an Spannung und Dramatik nicht zu überbieten war und mit einem Sieg endete, erst recht." Auf die Frage, ob er nach dem 0:2-Rückstand kurzzeitig die Hoffnung verloren habe, antwortet er ganz entschieden: "Ich selbst habe, wohl als einer der wenigen, auch nach dem 0:2 an eine Wende geglaubt, zumal wir beide Spiele im fünften Satz verloren haben und die Leistungen der Spieler sehr dicht beieinander lagen. Die Stimmung nach dem 2:2 und nach dem 3:2 war wieder einmal unbeschreiblich, wie wir es in Fulda ja schon oft erlebt haben."

(Text & Fotos: Dr. Stephan Roscher)

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