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TG Hanau gut gerüstet vor der ersten DTTL-Saison

Hanau (ro). Gerade noch 14 Tage sind es, bis der kleine weiße Ball in der Deutschen Tischtennis Liga wieder mit 170 km/h über die Tische fliegt. Die Spannung vor dem Saisonauftakt des frischgebackenen Bundesligisten TGH am 30. August gegen den TTC Frickenhausen wächst nahezu stündlich, die Fieberkurve steigt. Die Liga selbst ist so ausgeglichen wie kaum jemals zuvor. Newcomer Hanau hat immerhin einen der namhaftesten Trainer Europas, einen Jörg Roßkopf, zwei starke Asiaten und einige der größten deutschen Talente aufzubieten.

Foto: Team der TG Hanau, v.l. Jörg Roßkopf, Chiang Hung-Chieh, Patrick Franziska, Ruwen Filus, Trainer Helmut Hampl, Steffen Mengel (es fehlt Lee Jung Sam).


Tradition und Selbstbewusstsein: TG 1837 Hanau a.V.

Ein Verein mit großer Tradition gesellt sich zur Crème de la Crème des deutschen Tischtennissports, worauf nicht nur das Gründungsjahr, sondern auch die bewegte Klubgeschichte mit einem ersten großen Höhepunkt während der Frankfurter Paulskirchenversammlung von 1848 hinweist. Und der "a.V." ist tatsächlich ein a.V. und kein e.V. - und darauf ist man in der Geburtsstadt der Brüder Grimm besonders stolz. Es handelt sich nämlich um einen "anerkannten Verein" - noch vor der vorletzten Jahrhundertwende ins Vereinsregister aufgenommen -, wie es in Deutschland gerade noch eine Handvoll gibt. Um Anerkennung und Erfolge kämpft man künftig auch in Europas stärkster Liga.
Im Tischtennis war der 3.000-Mitglieder-Verein zuletzt nur neuntklassig und die generelle Ausrichtung bisher eher auf den Breitensport fixiert. Dennoch hat man bei der TGH sehr konkrete Vorstellungen von Profitum und Leistungssport. Mit den Basket- und Volleyballern hat man zwei Aufsteiger in die Regionalliga in den eigenen Reihen - die Basketball-Juniorinnen und -Junioren spielen sogar in der Jugend-Bundesliga. Die Badminton-Künstler kämpfen nach ihrem jüngsten Aufstieg nunmehr in der 2. Liga um Punkte. Allen Abteilungen sowie dem Gesamtverein liegt eine gesunde Sponsorenstruktur zu Grunde - beileibe nicht selbstverständlich in wirtschaftlich problematischen Zeiten. Überhaupt sticht die professionelle Ausrichtung des Klubs ins Auge, dessen Schaltstellen mit Hauptamtlichen besetzt sind. Wenn Trainer Helmut Hampl oder Teammanager Johannes Herrmann unisono betonen, nie zuvor in einem derart professionellen Umfeld gearbeitet zu haben, ist dies nicht einfach so dahingesagt.
Und an Selbstbewusstsein mangelt es den "Machern" der Turngemeinde Hanau auch nicht. Derzeit verfolgen sie mit Nachdruck den ehrgeizigen Plan, sich zum 175-jährigen Klub-Jubiläum im Jahr 2012 auf einer Sonderbriefmarke der Deutschen Post verewigen zu lassen. Die Chancen stehen nicht schlecht, eine Reihe prominenter Unterstützer aus Sport, Wirtschaft und Politik haben sich bereits dafür stark gemacht. Vielleicht finden wir demnächst ja sogar Tischtennis-Ikone Roßkopf in einem Eckchen des Postwertzeichens.

Auf dem Weg zu Deutschlands Nummer vier?

Die 90.000-Einwohner-Stadt ist in Bezug auf Größe und Einwohnerzahl bereits auf Anhieb Deutschlands Nummer vier unter den Bundesligisten. Sportlich dürfte es noch etwas länger brauchen, bis dieser Rang erobert werden kann. Dass dies in den nächsten Jahren gelingt, zieht bei der TGH niemand in Zweifel, deren professioneller Führungsstab programmatisch und perspektivisch arbeitet und auf mittlere und längere Sicht hohe Ziele anvisiert. Ermöglicht wurde der große Coup allerdings erst durch die Finanznöte des zweifachen Champions-League-Siegers TTV Gönnern, die der Turngemeinde Hanau die einmalige Chance eröffneten, ins sportliche Rampenlicht zu treten. Die TGH übernahm in einem in der Bundesligageschichte beispiellosen Schachzug nicht nur die Spielklasse des Ex-Timo-Boll-Klubs, sondern auch nahezu den kompletten Kader samt Erfolgstrainer Helmut Hampl.

Klangvolle Namen und talentierte Youngster - TGH-Kader 2009/10

Der spielstarke 20-jährige Taiwanese Chiang Hung-Chieh sowie die beiden 21-jährigen deutschen Talente Ruwen Filus und Steffen Mengel werden künftig ebenso das Hanauer Trikot mit dem stolzen Schwan im Wappen tragen wie Tischtennis-Ikone Jörg Roßkopf, 40 Jahre jung und noch immer kein bißchen Tischtennis-müde. Mit dem gerade in der Region ungemein populären "Rossi" hat man eine Identifikationsfigur sowie einen echten Leitwolf für die jugendlichen Mitstreiter gewonnen. Um nicht wie Gönnern 2008/09 mit dem letzten Aufgebot antreten zu müssen, wenn Chiang von seinem Verband "abkommandiert" wird, hat man sich zudem die Dienste des starken 25-jährigen Linkshänders Lee Jung Sam gesichert - der Südkoreaner wurde vor drei Monaten in der Weltrangliste immerhin an Position 75 geführt. Mit dem 17-jährigen Patrick Franziska, den viele für Europas größtes Tischtennistalent und manche für den geborenen Timo-Boll-Nachfolger halten, hat Helmut Hampl außerdem seinen Lieblingsschüler zur TGH geholt.

Brutales Auftaktprogramm

Das Auftaktprogramm ist hammerhart, die ersten Gegner heißen Frickenhausen, Düsseldorf und Ochsenhausen, die drei erfolgreichsten deutschen Klubs der letzten Jahre. Gegen Rekordmeister Borussia Düsseldorf, dessen Topstar der Weltranglistenvierte Timo Boll ist, könnte am 6. September in der Main-Kinzig-Halle erstmals die 1.000-Zuschauer-Marke geknackt werden. Nach dem Kräftemessen mit den ganz Großen der Zunft wird man mit ziemlicher Sicherheit richtig in der Liga angekommen sein und darf allmählich auch ans Punktesammeln denken.

Fünf Jahre bis zur Champions League

Mit der, trotz "Methusalem" Roßkopf, jüngsten Mannschaft der Liga - lediglich Rivale Jülich schickt eine ähnlich junge Truppe ins Rennen, allerdings ohne einen einzigen deutschen Spieler unter Vertrag zu haben - steuert die TGH ehrgeizige Ziele an. In fünf Jahren will der neue Komet am Tischtennishimmel in der Champions League spielen, wie Trainer Hampl glaubhaft versichert. Zuzutrauen wäre es den ehrgeizigen Hessen, deren konsequent formuliertes Jugendkonzept - unterstützt vom Hessischen Tischtennis-Verband - als Faustpfand für die Zukunft gelten darf.

Überzeugt vom Hanauer Modell

Helmut Hampl zeigt sich überzeugt vom Hanauer Modell: "Vom ersten Vorgespräch an hat alles zwischen den Verantwortlichen der TGH und uns gepasst. Wir verfolgen gemeinsam das Konzept, auf der Basis einer guten Jugendarbeit langfristig etwas aufzubauen und zu entwickeln. Mit jungen Talenten wie Filus, Mengel oder Franziska zu arbeiten - das ist erst der Anfang." Doch der Trainer, der Topspieler wie Timo Boll geformt hat, denkt nicht nur in weiten Dimensionen: "Wir sind heiß auf die Liga und fiebern dem Saisonstart entgegen." Jörg Roßkopf pflichtet seinem "Chef" bei: "Wir werden mit unserer jungen Mannschaft und dem einen nicht mehr ganz so jungen Spieler eine Bereicherung der Liga sein, in der nur wenige Vereine so professionelle Strukturen haben wie die TGH. Natürlich müssen wir am Anfang erst einmal kleine Brötchen backen und werden gegen den Abstieg kämpfen, aber in diesem tollen Umfeld wird etwas wachsen." Der einstige Tischtennis-Nationalheld ergänzt: "Ich hatte vor der Saison mehrere gute Angebote namhafter Vereine. Aber ich habe auf mein Herz gehört, das sich für Hanau entschieden hat." "Nesthäkchen" Patrick Franziska zollt seinem großen Vorbild artigen Respekt: "Für mich als jungen Spieler ist es einfach fantastisch, mit Jörg Roßkopf in einem Team zu spielen." Der diesjährige Sieger des Europe Junior Top 10 aus dem Odenwald definiert ein Saisonziel: "Wir wollen auf jeden Fall versuchen, die 'Großen' ein bißchen zu ärgern." Auch Teammanager Johannes Herrmann strahlt Optimismus aus: "Wir freuen uns auf den Saisonstart und werden versuchen, unser Motto 'Aufschlag Hanau!' überall zum Markenzeichen zu machen."

Prognose

Hanau könnte - besonders mittel- und langfristig - zu einer echten Bereicherung der Deutschen Tischtennis Liga werden. Das Konzept überzeugt. Auch in Sachen TV-Präsenz hat man sich einiges vorgenommen und freut sich auf künftige Übertragungen von TGH-Spielen. Zunächst gilt es allerdings, sich in der Liga zu akklimatisieren und den Klassenerhalt zu sichern. Gelingt es zudem, sich als sportliche Größe im Rhein-Main-Gebiet zu etablieren und weitere Sponsoren zu überzeugen, steht einer erfolgreichen Zukunft des ehrgeizigen Projekts nicht mehr allzu viel im Wege.

(Text & Foto: Dr. Stephan Roscher)

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